Dienstag, 29. Dezember 2015

Ein kleines bisschen Weihnachten und das Jahr ist rum

Etwas verspätet wünsche ich auch noch Frohe Weihnachten aus Kanada. Ich hoffe ihr hattet alle ein besinnliches Fest und könnt euch auf den bevorstehenden Jahreswechsel freuen.

In Toronto wurde ich direkt nach Halloween quasi gezwungen in Weihnachtsstimmung zu sein. Schaufenster und Einkaufszentren geschmückt mit allerlei weihnachtlicher Dekorationen, Verkaufsangebote überall und sogar einen Weihnachtsmarkt im Distillery District, dem ältesten Stadtteil Torontos, sorgten dafür, dass tatsächlich so etwas wie Vorfreude auf die Feiertage in mir aufkamen. 
Der Weihnachtsmarkt war jedoch kaum wie einer, den man aus Deutschland gewohnt ist, was nicht heißen soll, dass er unbedingt schlechter ist. In Deutschland finden Weihnachtsmärkte ja traditionell im mittelalterlichen Altstadtkern einer Stadt statt, so einen Platz aus vergangenen Zeiten findet man aber in den jungen Städten Nordamerikas nicht. Die Altstadt Torontos, in der auch der Weihnachtsmarkt stattgefunden hat, erinnert an die Kolonialzeit, geprägt von Handel. Speicherhäuser aus roten Backsteinen spiegeln dies perfekt wieder und so bekommt der Markt ein ganz anderes Flair, das ich persönlich, mit einem sehr nach Zimt schmeckenden Glühwein, sehr genossen habe. 




Als ich Toronto verlassen habe, hat sich diese Stimmung jedoch wieder gelegt. Klar findet man auch in den Blue Mountains Weihnachtsdekorationen, jedoch war mein Alltag eher geprägt vom neuen Arbeitsplatz, der im Gegensatz zur Arbeit bei Gap auch Vollzeit ist. Hinzu kommt der fehlende Schnee. Da reist man schon nach Kanada und hat unglücklicher Weise doch keine weiße Weihnacht. Da ich dazu noch das Angebot des Weihnachtsbonus in Anspruch nehmen wollte, habe ich auch an den Feiertagen gearbeitet, so fiel die Festtagsstimmung eher gering aus. Immerhin haben wir die Tage zuvor mit unseren Nachbarhäusern ein schönes Essen veranstaltet, bei welchem wir viel Spaß hatten. Zwei Tage vor Heilig Abend habe ich mich zudem mit einem Kinobesuch gemeinsam mit meiner Crew beschenkt. Die Feiertage selbst habe ich nach vollbrachter Arbeit mit einem Glas Rotwein auf dem Sofa ausklingen lassen.

Mittlerweile habe ich 2 Tage zur Entspannung nach einer anstrengenden Arbeitswoche genießen können und tatsächlich letzte Nacht beobachten dürfen, wie ein Schneesturm über unsere Region hinweg gezogen ist. In einer vom Schnee aufgehellten Nacht haben wir sofort die erste Schneeschlacht angezettelt und Schneeengel gemacht. Man konnte unmittelbar erkennen, wie sich der Anblick in das erwartete Winterwunderland verändert. Am nächsten Morgen ist mir das Ausmaß dann richtig bewusst geworden. Es ist zwar noch nicht so viel Schnee, wie man es nach einem "Schneesturm" erwartet hätte und trotzdem habe ich heute Morgen ein tolles Frühstück mit Ausblick auf ein weißes Hügelpanorama genossen.



Damit blicke ich auf ein ereignissreiches Jahr 2015 zurück. Beginnend mit einer anstrengenden und finalen Abiturphase, gefolgt von einem entspannten Sommer inklusive eines tollen Urlaubs mit Freunden, bis hin zu meiner Abreise nach Kanada, dem farbenfrohen Indian Summer und einem ungewohnten Weihnachtsfest, kann ich nun abschließen und zusammen mit meiner zweiten Familie in das neue Jahr springen. 
Bis dann und Guten Rutsch!

Mittwoch, 9. Dezember 2015

Blue Mountain... but wait. Where's the snow?

Seit fast zwei Wochen lebe ich jetzt im Blue Mountain Village. Mit im Paket: ein Vollzeitjob, ein Platz in einem Mitarbeiterhaus, internationale Begegnungen und Partys.

Nach mehr als 4h beeindruckender Busfahrt, bin ich amgekommen. Auf dem Weg konnte ich einen tollen Sonnenuntergang genießen, während man sich langsam, sehr langsam, aus der Stadt Toronto und der Greater Toronto Area heraus bewegte. Wieder wurde einem vor Augen geführt wie Riesig diese Stadt ist - sie ist eben die größte Stadt Kanadas. Fast die Hälfte der Reise war ich noch im Stadtverkehr gefangen. Der CN-Tower schon bis auf die Spitze nicht mehr zu sehen, sämtliche Wolkenkratzer aus dem Blickfeld verschwunden und trotzdem befand man sich immer noch in einem unendlichen Meer aus nordamerikanischer Vorortlandschaft. Erst einige Industriezentren später war ich endlich aus der GTA entkommen und fand mich nun in einer Landschaft aus Hügeln bestückt mit einigen Nadelbäumen und trockenem Gras. Hier und da war eine Farm und zwischen den Hügeln ein paar Felderzu sehen. Im Sonnenuntergang konnte man immer noch tief fliegende Flugzeuge, die den Toronto Pearson Airport ansteurten beobachten.


Einige Zeit später war die Sonne untergegangen und ich erreichte Barrie, ein Zwischenstop, fast am Ziel, zumindest auf der Karte. Hier sah es fast aus wie in Toronto. Nur waren weniger Menschen auf den Straßen und Hochhäuser gab es auch keine zu entdecken, dafür häuften sich die typisch nordamerikanischen Trucks und SUVs auf dem Highway. Ähnlich war es dann auch in Collingwood, der letzte Halt vor meinem Ziel 15km entfernt und in Sichtweite der Blue Mountains. Es war selbst im Dunkeln zu erkennen, dass es sich um eine typisch kanadische Kleinstadt handelt, natürlich mit Tim Hortons.

Im Ski Resort angekommen, musste ich zunächst Arbeits- und Mietsvertrag ausfüllen und unterschreiben. Jetzt lebe ich schon einige Zeit hier, habe mich mit Zimmer und Wohnung vertraut gemacht und mein Jobtraining begonnen. Ich arbeite salopp gesagt als Putze, offiziell heißt das hier Room Attendant. Mein Aufgabenbereich ist dabei das Auffrischen der Hotelzimmer. Ein sowohl anstrengender als auch unangenehmer Job, der aber auch entspannt sein kann. Klar, Bäder putzen und Betten machen sind nicht das schönste was es gibt, aber wir können unsere eigene Musik hören, bekommen Trinkgeld und am Ende hat ein frisches Hotelzimmer auch was angenehmes.
Im Moment befinde ich mich noch im Training, heißt wir, meine nette Trainingsgruppe und ich, bekommen gezeigt, wie wir Zimmer usw. zu putzen haben. Die nächste Woche werden wir gepusht das ganze dann noch schneller zu machen. Was Vollzeit heißt werde ich dabei auch wieder schön zu spüren bekommen - 6 Tage am Stück je 7-8 Stunden.


Nach solchen Tagen genieße ich es Abends wieder zu meiner Crew im Staff House zurück zu kehren. Es ist wie eine große Familie, dazu später nochmal mehr. 
Was sich bei einem solchen Umfeld, bestehend aus junge Leuten von überall auf der Welt, die nach der Arbeit abschalten und neue Freunde finde wollen, weit weg von Zuhause, nicht vermeiden lässt sind Hauspartys. Nicht nur weil allein schon die Mitarbeiterhäuser, von denen es hier insgesamt 9 Stück gibt, an die Party Häuser aus American Pie erinnern, nein auch weil es einfach Spaß macht seine neuen Kollegen in einem anderen Umfeld kennen zu lernen und Erfahrung international auszutauschen, denn nicht nur Deutsche kommen hier zum Arbeiten her - Australien, Irland, Chile, Groß Britannien und viele mehr sind hier vertreten.

Also alles super soweit. Nur Eins fehlt noch - der Schnee. Kanada erlebt gerade einen der wärmsten Winter seit langem. Ohne Schnee ist es hier jedoch zu dieser Jahreszeit ziemlich ausgestorben. Die Sommeraktivitäten sind geschlossen und im Winter fährt man hier nur mal Ski. Da selbst die Schneemaschinen nur bei Minustemperaturen arbeiten gibt es auch keinen künstlichen Schnee. Da bleibt nur abwarten und Tee trinken.

Freitag, 27. November 2015

Going Crazy

Black Friday. Das Verkaufsevent des Jahres und alle rasten aus. Anlässlich des vergangenen Thanksgivings und den nun aufsteigenden Schuldgefühle noch keine Weihnachtsgeschenke gekauft zu haben, veranstalten sämtliche Geschäfte dieses Event geprägt von Prozenten.

Während Thanksgiving in den USA erst diese Woche stattgefunden und viele internationale Medien geprägt hat, ist das kanadische Fest der Dankbarkeit schon fast 2 Monate her. 
Wie ich bereits in vorherigen Einträgen beschrieben habe, war es mein erstes Wochenende in Kanada. Thanksgiving selber habe ich aber gar nicht in Toronto, sondern tatsächlich mal außerhalb verbracht. Dazu habe ich eine Stunde Zugfahrt auf mich genommen, bei der ich die urbane Gegend um den Lake Ontario keineswegs verlassen habe. Mein Ziel war Burlington. Dort leben Freunde meiner Eltern, Conny und Collin, mit ihrem Sohn George. Sie hatten mich eingeladen Thanksgiving mit ihnen zu verbringen.
Nach meiner Ankunft verbrachten wir den restlichen Tag in Crawford Lake Conservation Area, einem Schutzgebiet der Ureinwohner Kanadas. Dort haben wir zunächst eine lange und beeindruckende Wanderung unternommen, bevor wir uns die Hütten anschauen konnten, in denen die First Nations gelebt haben.
Am Abend gab es den traditionellen Truthahn und den Apple Pie zum Nachtisch. Anschließend haben wir unseren erschöpfen Beinen und unseren vollen Mägen bei einem bekömmlichen Glas Wein etwas Ruhe gegönnt und dabei Geschichten, Tipps und Tricks ausgetauscht - vielen Dank nochmal dafür!


Und jetzt, heute, Black Friday. Überall hängen die Schilder in den Schaufenstern, die mit hohen Rabatten die Menschenmassen von den Straßen in die Geschäfte locken sollen und es funktioniert. Man weiß natürlich, dass dieser so kommt und so überlegt man bereits die Woche zuvor, was man denn gebrauchen könnte, nur um diese Angebote irgendwie zu nutzen.
An diesem Tag zu arbeiten, wie ich es heute Morgen gemacht habe, ist natürlich weniger lustig. Es ist natürlich, wie erwartet stressig und das trotz der etwas anderen Arbeitsmoral der Kanadier (später mehr dazu). Der Laden wirkt im Gegensatz zum sonstigen Maß der Besucher komplett überfüllt. Hat man eine Ecke wieder aufgehübscht und aufgefüllt, dreht sich dann einmal um, um Kunden zu helfen, kann man hinterher beobachten, wie besagte Ecke wieder aussieht wie vorher! Wenns ums Shoppen mit Rabatten geht, werden Leute verrückt, crazy!


Gott sei Dank hab ich das geschafft und jetzt kann ich selber verrückt werden und mich unter das wahnsinnig Volk mischen. Oder, angesichts meiner finanziellen Lage und meines in diesem Fall eher ruhigen Charakters, lehne ich mich mit einem Tee zurück und genieße die Ruhe in meinem Zimmer.

Montag, 23. November 2015

Immer wieder dieser 'Boah geil'-Moment

Alles was ich bislang, nach bereits fast 2 Monaten, in Kanada erkundet habe ist Toronto. Aber Toronto ist auch groß, es ist schließlich eine 3-Millionen Metropole und so hat auch diese Stadt allein viel zu bieten.

Die ersten Eindrücke waren schon überwältigend. Die Taxi fahrt vom Flughafen zum Hostel, zunächst in der Abenddämmerung, dann im Dunkeln, war schon eine Erfahrung wert. Millionen von Lichter, ein Wolkenkratzer höher als der andere, leuchtene Reklamen - wie man sich eben eine Nordamerikanische Großstadt vorstellt - 'boah geil'.

Nach einigen Wochen tendiert man dann dazu, zu meinen, jede Ecke sehe gleich aus und letztendlich sind Wolkenkratzer doch nur große Glaskästen, deren einziger Unterschied das Logo der Bank ist, die ihr Image mit besagten Gebäuden schmückt. Und dann unternimmt man was neues; so hab ich zum Beispiel ein öffentliches Schwimmbad gefunden, in dem ich ein paar Bahnen schwimmen kann. Entspannt vom Wasser und erschöpft vom Sport, kommt man aus dem Gebäude, geht um die Ecke und sieht die Skyline aus einem ganz anderen Winkel mit ganz anderen Augen - 'boah geil'.


Eines Tages, wunderschönes Wetter, habe ich aus Langeweile beschlossen einen Spaziergang an der Harbourfront zu machen. Also bin ich nach und nach von Hafenbecken zu Hafenbecken geschlendert und habe den Blick auf die Inseln vor der Küste genossen. Nachdem ich mich an der unendliche Weite vom Lake Ontario satt gesehen hatte, was ziemlich schwer ist, habe ich mich eher aus Zufall mal der Stadt zu gewendet. So eröffnete sich mir erneut eine neue Perspektive auf die Stadt. Plötzlich erstreckt sich der CN-Tower in den Himmel, neben der restlichen Skyline und davor alte Speicher- und Fabrikgebäude aus roten Backsteinen aus alten Zeiten - 'boah geil'.


Nach gewisser Zeit habe ich mich dann aufgemacht, die Toronto Islands zu erkunden. Die liegen ca. 3 Kilometer vor der Küste, was in Relation zur flächenmäßigen Größe der Stadt ein Katzensprung ist, 15 Minuten mit der Fähre. Bei Beginn der Fährfahrt ein ähnlicher Blick, wie von der Habourfront aus, aber mit zunehmender Entfernung wurde die Stadt immer kleiner aber der Blick wirkte kompletter. Nun bin ich im Hellen aufgebrochen und wollte im Dunkeln zurück, was bedeutet, dass ich die Dämmerung auf der Insel begutachten konnte. Nach kurzer Weile hatte ich ein schönes Plätzchen gefunden und durfte so in Postkartenoptik beobachten, wie die Umrisse der Stadt langsam im Dunkel der Nacht verschwinden, während dafür Licht für Licht die Stadt wieder erleuchtete - 'boah geil'.



Geprägt vom Blick von den Islands, wollte ich den CN-Tower unter ähnlichen Bedingungen besuchen. Also habe ich auf einen klaren Tag gewartet und mich dann aufgemacht, die Stadt von oben zu sehen. Ticket gelöst, in den Fahrstuhl gestiegen und auf geht's 350m in die Höhe zur Besucherplattform. Und plötzlich kannst du annähernd begreifen wie riesig diese Stadt ist, hinzu der ungewohnte aber umso schönere Blick von oben auf die Skyline - 'boah geil'.
Nach und nach hat sich die Sonne gesenkt, sodass ich kurz darauf, leicht geblendet den Sonnenuntergang beobachten konnte, während all die kleinen Menschen unten in der Stadt bereits ohne Sonneneinstrahlung von A nach B laufen müssen. Unbegreiflich und absolut schwer zu beschreiben. Noch schwieriger wird es die Eindrücke nach Einbruch der Dunkelheit zu beschreiben. Man befindet sich über einem riesigen, unendlichen Lichtermeer, man erkennt das typisch Nordamerikanische System der Straßenplanung und verliert jedes Gefühl von Stadtgrenzen, denn es gibt keine, nur Lichter. Lediglich im Süden ist es dunkel. Dort ruht der Lake Ontario, im Südwesten kann man deutlich erkennen, wie sich Mississauga, Burlington, Hamilton und Stadt für Stadt ans Ufer drängelt. Schaut man tief in die Dunkelheit im Süden, kann man sogar die Lichter von Niagara-on-the-Lake, der Stadt nahe den Niagara Fällen, am gegenüberliegenden Ufer erkennen... - Boah Geil!



Mittwoch, 18. November 2015

der Roncy Blues

Roncesvalles Village, meine erste Heimat in Kanada. Eine friedliche Nachbarschaft, mitten im Großstadtdschungel. Vom High Park im Westen bis Little Portugal im Osten erstreckt sich von der viel befahrenen Bloor Street im Norden bis zum beruhigenden Lake Ontario im Süden das Viertel, in dem ich lebe.
Als ich mit Sack und Pack angekommen bin, um mein neues Zuhause zu beziehen, bin ich an der Dundas West Subway Station ausgestiegen und von da an gelaufen. Es war bereits dunkel. Um zu meinem Ziel zu gelangen musste ich die namensgebende Roncesvalles Avenue hinab laufen. Zunächst war ich, ehrlich gesagt, etwas enttäuscht. In einer nordamerikanischen 3 Millionen Metropole zu leben, bedeutete für mich bislang zwischen Hochhäusern ein Zimmer in irgendeinem halbhohen Gebäude mit vielleicht maximal 10 Stockwerken als meinen Platz zu bezeichnen. Natürlich ist diese Annahme auch etwas naiv gewesen, obwohl mir schon klar war, dass ich mir ein Zimmer in Downtown zwischen den wirklich hohen Wolkenkratzer nicht leisten können werde. Im Roncy, wie die Einwohner ihr Viertel nennen, waren die Häuser jedoch nicht mehr als 4 Stockwerke hoch, die meisten hatten nur zwei. Das erinnerte mich eher an Uslar (ca. 3000 Einwohner) anstatt an Toronto.

Nachdem ich in den nächsten Tagen jedoch die Möglichkeit hatte meine Nachbarschaft auch mal im Hellen zu erkunden, lernte ich sie zu mögen. Besonders beim Einkaufen viel mir der erste Unterschied zu meinem Kaufverhalten in Deutschland auf, das doch eher dem Mainstream entsprochen hat. 
Viele kleine Geschäfte, die sich nebeneinander aufreien und so ziemlich alles verkaufen. Wie in einer deutschen Innenstadt mag man denken, aber wenn man genauer hin schaut bemerkt man einen Unterschied. In Deutschland steht der H&M neben dem New Yorker, zwischendurch mal eine Beckerfilialie einer Kette, ein McDonalds, hier ein Thalia, da ein Hugendubel. Hier reit sich dagegen ein Supermarkt einer asiatischen Familie neben "Mothers Bookshop", man findet den ein oder anderen Antiquitätenladen (u.A. einer im Besitz zweier deutschen Damen), 'canadian homemade' Klamottenhandel, ein Kino (welches mehrmals im Monat polnische Filme zeigt), einen polnischen Supermarkt und so weiter. Natürlich findet man auch hier ein Subway oder Tim Hortons (die gibt's hier sowieso wie Sand am mehr) zwischen den privaten Geschäften, und natürlich findet man auch in Deutschland private Geschäfte, aber es ist nicht so auffällig. Es wirkt etwas in der Zeit zurück geblieben, nicht so modern, dafür aber bunter und abwechslungsreicher und doch irgendwie etwas ruhiger. 
Was ich oben so schön beschrieben habe wurde mir beim ersten Einkaufen zum Verhängnis. Wo kauf ich meine Nahrungsmittel ein? Welcher Bäcker verkauft gutes Brot? Da hätte man für einen kurzen Moment doch gerne wieder seinen REWE um die Ecke. Nach etwas Orientierung gewöhnt man sich aber daran und wandert so von Laden zu Laden um alles zu bekommen. Vieles ist in privaten Geschäften jedoch auch etwas teurer, sodass ich mich doch ab und zu im größeren Loblaws Supermarkt wiederfinde. Wenn man auf das Geld angewiesen ist, macht es das eben billiger und einfacher - der Grund, der es privaten Geschaften immer schwieriger macht mitzuhalten und sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen.



Alles in Allem genieße ich es aber die privaten Geschäfte soweit es geht zu unterstützen und dabei auch den Anblick dieser Nachbarschaft zu genießen.
Es ist eben doch Großstadt, nur anders, wie eine deutsche Innenstadt, nur anders, wie man es sich vorgestellt hat, nur anders... anders schön.

Montag, 9. November 2015

Work Wars - Eine falsche Hoffnung

Mit der Jobsuche ist es ähnlich wie mit der Zimmersuche. Man mag zwar denken bei so einer großen Stadt muss doch irgendwer was anbieten, aber denkste. Zwar habe ich im Moment tatsächlich einen Teilzeitjob, kann ich weder davon leben, noch war es einfach den zu bekommen.

Läuft man durch die Nachbarschaft, sieht man in fast jedem zweiten Geschäft ein "Help Wanted" oder ein "Now Hiring" Schild. Einige laden dich ein, deinen Lebenslauf einfach im Geschäft abzugeben und versichern dir mit einem Lächeln im Gesicht, dass sie sich melden werden und zuversichtlich sind. Andere geben dir eine E-Mail Adresse oder leiten dich auf eine Internetseite weiter, sodass du dich online anmelden und bewerben kannst, auch da die virtuelle Nachricht, dass eine Antwort gesendet wird und man gute Chancen hätte - eine falsche Hoffnung. 
Beworben habe ich mich bei mittlerweile mehr als 20 verschiedenen Jobanbietenden. Eine Antwort gab es nur selten und meistens waren Absagen mit der Entschuldigung, sie suchen Fachpersonal. Kann ich ja auch verstehen, aber in solchen Momenten kommt wieder dieser "Ich würde doch (fast) alles machen"-Gedanke. Hilft letztendlich aber alles nicht. Um einen Job zu bekommen muss man hier, erstens, einfach Glück haben und, zweitens, dran bleiben.

So oder so ähnlich bin ich auch an meinen aktuellen Job gekommen. Ich arbeite bei der GAP.inc, eine in Nordamerika ziemlich angesagte Klamottenmarke. Solche größeren Companies suchen im Spätherbst oft Saisonpersonal um ihren Verkauf vor und während der Feiertage zu unterstützen. GAP hat daher vor ein paar Wochen ein Hiring Event veranstaltet. Also habe ich mir meinen Lebenslauf und Weiteres geschnappt, bin mit der U-Bahn Richtung Stadt gefahren, ausgestiegen und in den ersten GAP-Store gelaufen, den ich entdeckt habe. Ich hatte mich schon wieder darauf eingestellt, meinen Lebenslauf abzugeben, ein paar Fragen zu beantworten und dann erstmal zwei Wochen wieder nichts zu hören.
Tatsächlich wurde ich aber direkt zum spontanen Gruppen-Job-Interview eingeladen, auf welches ich natürlich absolut unvorbereitet war. Hinzu kommt der amüsante Fakt, dass ich nie zuvor in einem GAP-Store war, geschweige denn etwas von GAP besitze. Dann gab es die üblichen Fragen: Warum GAP? Warum ausgerechnet dieser Store? Was verbindest du mit GAP? In meinem Kopf schwirrte dabei die einfache Antwort: Ich brauche Arbeit und ihr sucht Leute! Natürlich habe ich das nicht so gesagt und mich auf andere Art anscheinend gut präsentiert. Nach einigen Trainingsprogrammen mit viel Infos über das Image von GAP, denke ich nun, dass ich immer weniger zu GAP passe, nicht weil mir das Image nicht gefällt, sondern eher,  weil ich mich generell nicht so mit der Modebranche identifizieren kann. Aber ich bekomme Geld und das brauch ich nun mal, also erfülle ich pflichtbewusst meine Aufgaben und habe mir so auch schon anhören dürfen, dass ich "life changing" für das Team bin. Meine Mitarbeiter fühlten sich wahrscheinlich in ihren Vorurteilen von gut arbeitenden, ordentlichen Deutschen bestätigt.



Den Job werde ich jedoch nur noch bis Ende November behalten. Dann ziehe ich ins Blue Mountain Ski Resort, indem ich einen gut bezahlten Job habe, der sogar den normalerweise 700$ teuren Skipass beinhaltet. Ich bin gespannt darauf und freue mich außerdem, mal aus der Stadt zu kommen und mehr von Kanada zu entdecken.

Orange is the new black

Ein Monat lebe ich nun in Kanada. Ein Monat voller Erlebnissen, Erfahrungen und Ein Monat Indian Summer. Fragt man Deutsche im Sommer, was sie vom Herbst halten, denken viele an die graue, verregnete, stürmische und ungemütliche Zeit, in der die Tage kürzer und das Wetter kälter wird. Wahrscheinlich haben sie auch recht, selten kann man den Herbst voll genießen. So ist das aber nicht in Kanada.
Orange ist das neue Schwarz, die neue Modefarbe, die auffälligste und schönste Veränderung. Während man in Deutschland das Gefühl hat, alles verliert seine Farbe und wird dunkel, hat man hier das Gefühl eines Höhepunkts des Jahres. Die Blätter werden nicht einfach braun und fallen zu Boden, sie durchwandern fast das gesamte Farbspektrum bevor sie sich bis zum nächsten stürmischeren Wind an den Ästen fest klammern. Das passiert nicht überall gleichzeitig. Mit wenigen Bäumen beginnend, kann man nach und nach ein gelb-rot-orangenes Farbenmeer beobachten, das wie eine Welle vom Norden Richtung Süden über Kanada strömt.
Die zweiwöchige Hochzeit des Indian Summer habe ich im High Park, der bei mir um die Ecke ist, genossen. Fast täglich bin ich dort spazieren oder laufen gegangen und habe es jedes Mal genossen, die Möglichkeit zu haben, das live und in Farbe genießen zu dürfen. Es ist schwer zu beschreiben, man muss wahrscheinlich persönlich vor der Blätterwand gestanden haben, die einen mit den Farben des Feuers die sinkenden Temperaturen vergessen lässt.
Der Höhepunkt dieses Höhepunkts des Jahres ist hier Halloween gewesen. Passend zu dem Orange auf den Bäumen, stellen sich orangene Kürbisse in Vorgärten auf, begleitet von anderen düsteren Erscheinungen in Form von Riesenspinnen, Geistern und angeblich menschlichen Überresten. Im Dunkeln flammen die Kerzenlichter in den böse grinsenden Gesellen auf und der Wind erzeugt mit den bereits zu Boden gefallenen Blättern die passenden Gruselgeräusche.
An Halloween selber konnte man beinahe überall Miniaturausgaben von bekannten Figuren wie Batman, Hulk oder bösen Piraten und Prinzessinnen auf "Trick-or-Treat"-Tour beobachten, als sie von Haustür zu Haustür zogen und hilflose Anwohner auf Süßigkeiten erpressten.
Eine schöne Aktion zum ausklingen dieser Zeit, fand am 1. November im nahe gelegenen Sorauren Park statt. Alle Bewohner aus der Nachbarschaft brachten ihre Kürbisse in den Park und stellten sie in Reihe und Glied auf. So konnte man bei einer entspannten Runde alle ehemaligen Vorgartenbewohner noch einmal sehen und auch das ein oder andere künstlerische Highlight entdecken.
Eine Woche später, sind nun fast alle bunten Blätter verschwunden. Nur ein paar Nachzügler hängen noch oder werden vom Wind durch die Luft getragen, sodass man die kalten Temperaturen spüren kann, die nach einem außergewöhnlich warmen Oktober tatsächlich gefallen sind. Die Halloween Verkaufsschlager sind aus den Läden und von den Straßen verschwunden und haben Platz für Weihnachtskram gemacht, der anscheinend, wie Usain Bolt an der Startlinie für den 100m Sprint, nur darauf gewartet hat, dass dieser Gruseltag vorbei ist. Im Fernsehen laufen Weihnachtsfilme, im Radio "Last Christmas" und man merkt, auch in Kanada neigt sich das Jahr dem Ende.

Mittwoch, 4. November 2015

Am Rande zur Obdachlosigkeit

Momentan wohne ich in der Westminster Avenue in Roncesvalles Village, einem Stadtteil von Toronto. Dieses Zimmer zu finden stellte sich allerdings als schwierig heraus, schwieriger als zunächst gedacht...

*Flashback* - 11.10.15
Nach drei Hostelnächten und Einführungsworkshops am Tag, galt es nun ein Zimmer für die nächsten Tage, Wochen, Monate zu finden. Da aber Thanksgiving vor der Tür stand, war das schwieriger als gedacht. Eine Verlängerung des Hostelaufenthalts war nicht möglich und auch sonst war alles voll. Da meint man doch zu glauben, gibt's nicht, wo man doch denken könnte, dass zu solchen Anlässen alle raus aufs Land zu ihren Familien fahren. Natürlich habe ich auch in den vergangenen Tagen Zeit für die Zimmersuche genutzt und so konnte ich bereits eine Zusage vorweisen. Dieses Zimmer erschien mir doch recht teuer und so machte ich mich auf die Suche nach einem günstigeren. Nach einem Vormittag mit Telefonaten, SMSs und E-Mails konnte ich jedoch nur weitere 4 Absagen vorweisen. Bei den anderen 11 Angeboten erhielt ich keine Rückmeldung und bei einem ist ein Yoga-Center ans Telefon gegangen. Nun brauchte ich keinen krummen Rücken sondern ein Zimmer.
Also entschied ich mich notgedrungen für das eine Zimmer, das mir zur Verfügung stand. Helen, die Vermieterin, war äußerst Nett und hat mir sogar angeboten für Oktober nur die Hälfte des Preises zu bezahlen, was mir die Entscheidung definitiv erleichtert hat.
Anschließend stand mir nur noch die Herausforderung bevor, meine Sachen in das ca. 30 TTC-Streetcar-Minuten von Downtown entfernte Heim zu bringen. War ich in den letzten Tagen doch angenehm per Flughafen-Shuttle bzw. in der geräumigen ersten Klasse des ICEs gereist, beschloss ich dieses Mal die Subway zu nehmen. Samstag gegen 18 Uhr ist das jedoch keine so gute Idee, wie mir dann aufgefallen ist. Aber mir blieb nichts anderes übrig als mich mit Sack und Pack ins Getümmel zu stürzen. In meinem Kopf wiederholte ich als Entschuldigung auf die musternden Blicke meiner Mitfahrer, dass die Linie, die ich nehmen musste, über Umwege auch zum Flughafen führte und man doch sein Gepäck irgendwie dorthin bekommen muss.
Angekommen, konnte ich mein Zimmer beziehen. Meine erschöpften Füße genießen den weichen Teppich und ich kann jetzt mit der Sicherheit schlafen, erstmal ein Dach über dem Kopf zu haben.
*Flashback Ende*

Tja, was soll ich sagen... In diesem Zimmer lebe ich immer noch und das auch noch bis Ende November.

So weit, so gut...

Am 7. Oktober 2015 bin ich nach Kanada aufgebrochen, seit dem sind nun bereits 3 Wochen vergangen. Heute habe ich dann doch beschlossen einen Blog zu schreiben um meine Freunde und Familie daheim auf dem Laufendem zu halten. Um der Idee über meine Reise zu berichten gerecht zu werden, reflektiere ich zunächst erst einmal, was in diesen 3 Wochen so passiert ist.

*Flashback* - 07.10.15
Der erste Tag, die erste Reise, 8,5 Stunden Flug. Nicht gerade das Beste, was ich mir vorstellen könnte, aber immerhin ist die Reise so weit ganz angenehm. Ich sitze im Flieger neben einem netten, älteren Ehepaar aus der Nähe von Hamilton, Ontario.
Nachdem ich mit ihnen ins Gespräch gekommen bin und von meinem Vorhaben berichtet habe, hat die Dame sofort überlegt, ob sie jemanden kenne, der einen Job für mich hätte. Ich bin zwar nicht der Fan von Vorurteilen aber hier bestätigt sich: Kanadier sind freundlich und zuvorkommend. Später hat sie mir dann noch $30 in die Hand gedrückt, ich solle mir ein schönes Abendessen kaufen, wenn wir angekommen sind.
Über Grönland zu fliegen, war unglaublich. Als ich die Sonnenblende nach oben geschoben hatte, dachte ich erst, dass bloß ein paar Felsen durch die dichte Wolkendecke schauten, bevor ich tatsächlich eine Wolke entdeckte und mir klar wurde, dass das keine weiße Wolkendecke ist, sondern Schnee und Gletscher! Alles weiß, soweit das Auge reicht, da hat man die Höhendimension total verloren und fühlte sich als würde man bloß ein paar hundert Meter über der Erde schweben. (Foto)
Gut gelandet hieß es für mich ab zum Schalter für Immigration. Dort durfte ich gut eine Stunde warten um einem Officer meine Einreiseformulare vorzuzeigen, damit er mir mein Arbeitsvisum aushändigen konnte. Nach weiteren 80 Minuten Wartezeit und 20 Minuten Fahrtzeit, durfte ich mit ca. 22 Reisestunden auf dem Buckel gegen 10 Uhr am Abend (04:00 Uhr deutscher Zeit) mein Bett im Hostel genießen.
Gute Nacht!