Montag, 9. November 2015

Orange is the new black

Ein Monat lebe ich nun in Kanada. Ein Monat voller Erlebnissen, Erfahrungen und Ein Monat Indian Summer. Fragt man Deutsche im Sommer, was sie vom Herbst halten, denken viele an die graue, verregnete, stürmische und ungemütliche Zeit, in der die Tage kürzer und das Wetter kälter wird. Wahrscheinlich haben sie auch recht, selten kann man den Herbst voll genießen. So ist das aber nicht in Kanada.
Orange ist das neue Schwarz, die neue Modefarbe, die auffälligste und schönste Veränderung. Während man in Deutschland das Gefühl hat, alles verliert seine Farbe und wird dunkel, hat man hier das Gefühl eines Höhepunkts des Jahres. Die Blätter werden nicht einfach braun und fallen zu Boden, sie durchwandern fast das gesamte Farbspektrum bevor sie sich bis zum nächsten stürmischeren Wind an den Ästen fest klammern. Das passiert nicht überall gleichzeitig. Mit wenigen Bäumen beginnend, kann man nach und nach ein gelb-rot-orangenes Farbenmeer beobachten, das wie eine Welle vom Norden Richtung Süden über Kanada strömt.
Die zweiwöchige Hochzeit des Indian Summer habe ich im High Park, der bei mir um die Ecke ist, genossen. Fast täglich bin ich dort spazieren oder laufen gegangen und habe es jedes Mal genossen, die Möglichkeit zu haben, das live und in Farbe genießen zu dürfen. Es ist schwer zu beschreiben, man muss wahrscheinlich persönlich vor der Blätterwand gestanden haben, die einen mit den Farben des Feuers die sinkenden Temperaturen vergessen lässt.
Der Höhepunkt dieses Höhepunkts des Jahres ist hier Halloween gewesen. Passend zu dem Orange auf den Bäumen, stellen sich orangene Kürbisse in Vorgärten auf, begleitet von anderen düsteren Erscheinungen in Form von Riesenspinnen, Geistern und angeblich menschlichen Überresten. Im Dunkeln flammen die Kerzenlichter in den böse grinsenden Gesellen auf und der Wind erzeugt mit den bereits zu Boden gefallenen Blättern die passenden Gruselgeräusche.
An Halloween selber konnte man beinahe überall Miniaturausgaben von bekannten Figuren wie Batman, Hulk oder bösen Piraten und Prinzessinnen auf "Trick-or-Treat"-Tour beobachten, als sie von Haustür zu Haustür zogen und hilflose Anwohner auf Süßigkeiten erpressten.
Eine schöne Aktion zum ausklingen dieser Zeit, fand am 1. November im nahe gelegenen Sorauren Park statt. Alle Bewohner aus der Nachbarschaft brachten ihre Kürbisse in den Park und stellten sie in Reihe und Glied auf. So konnte man bei einer entspannten Runde alle ehemaligen Vorgartenbewohner noch einmal sehen und auch das ein oder andere künstlerische Highlight entdecken.
Eine Woche später, sind nun fast alle bunten Blätter verschwunden. Nur ein paar Nachzügler hängen noch oder werden vom Wind durch die Luft getragen, sodass man die kalten Temperaturen spüren kann, die nach einem außergewöhnlich warmen Oktober tatsächlich gefallen sind. Die Halloween Verkaufsschlager sind aus den Läden und von den Straßen verschwunden und haben Platz für Weihnachtskram gemacht, der anscheinend, wie Usain Bolt an der Startlinie für den 100m Sprint, nur darauf gewartet hat, dass dieser Gruseltag vorbei ist. Im Fernsehen laufen Weihnachtsfilme, im Radio "Last Christmas" und man merkt, auch in Kanada neigt sich das Jahr dem Ende.

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