Donnerstag, 19. Mai 2016

Kanada oder Frankreich?

Nach einem Monat konnte ich meine Reise endlich fortsetzen. Nächster Halt Québec City. Dabei konnte ich an einigen Stellen glatt vergessen, dass ich im fernen Kanada bin.

 

Das was ich bereits über Montréals Altstadt geschrieben habe, trifft hier im Vieux-Québec noch mehr zu. Viele alte Gebäude, sichtbar aus vergangener Zeit, die in ihrer Bauweise sehr an Frankreich erinnern. Die kleinen Gassen, ebenfalls mit Kopfsteinpflaster gepflastert, sind hier zusätzlich noch genauso verwinkelt wie in den mittelalterlichen Altstädten Europas. Durch diese Abweichung vom sonst klassisch nordamerikanischem Rastersystem lässt einen umso mehr fühlen als ob man gerade quer durch Europa reist anstatt durch Kanada. Natürlich gibt es auch hier ein paar Hochhäuser, die in ihrem Baustil und mit ihrer Größe jedoch auch ebenfalls in Europa stehen könnten. 

Québec ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, daher befindet sich hier auch das Parlament der Provinz, dass im Baustil sehr dem kanadischen in Ottawa ähnelt. Hier stehlen dem Parlament jedoch andere Gebäude die Show, ganz besonders eines. Das herausstechende Gebäude ist das Château Frontenac. Das Schloss überragt mit seinem roten Hauptturm die gesamte Altstadt und wird mittlerweile als Hotel benutzt. Direkt am Fuß des Hotels beginnt die Dufferin Terrasse, eine kleine Promenade, am Hang entlang. Über diese gelangt man dann zur Zitadelle, einem sternförmigen Militärkomplex mit historischem Hintergrund. Südlich von der Zitadelle den Hang weiter entlang befinden sich die Pleins d'Abraham, Schlachtfelder auf denen der Krieg zwischen England und Frankreich über die nordamerikanischen Kolonien ausgetragen wurde. Wieder in die Stadt gelangt man am besten über eine weitere Seltenheit in Kanada. Die alte Stadtmauer führt einen vom Hang am Flussufer direkt zurück zur Hauptstraße der Altstadt auf der sich Geschäft an Restaurant an Geschäft reiht, alle etwas auf alt gemacht um dem generellen Bild der Altstadt gerecht zu werden.

Am Fuß des Hangs befindet sich das älteste des alten Québecs. Hier sind die Gassen noch kleiner und verwinkelter und so ist es auch kein Wunder, dass sich hier die schmalste Gasse Kanadas befindet. In den Gassen reihen sich weniger Restaurants aneinander, dafür mehr Kunstgalerien, die Gemälde mit Motiven der Stadt gemalt von lokalen Künstlern an den Mann bringen wollen.


Eine 30 Minuten Busfahrt außerhalb der Stadt befindet sich dann noch ein weiteres Highlight meiner Reise. Die Montmorency Falls. Ein 82 Meter hoher Wasserfall, der meiner Meinung nach genauso eindrucksvoll ist wie die berühmten Niagarafälle. Die Niagarafälle sind zwar kleiner wirken aber durch die größere Mengen an Wasser, die sie wegen ihrer Breite befördern, massiver. Der Wasserfall in Québec liegt zwar auch in der Stadt, wirkt durch einen kleinen Park und frei zugänglichen Treppen nicht so vom Tourismus verunstaltet. Über die Treppen gelangt man gut an den Fuß, wo das Wasser mit ordentlicher Wucht aufprallt und man durch die dadurch entstehende Wolke richtig schön nass werden kann.

Wer in Québec ist, sollte dort dringend halt machen und auch so ist Québec eine schöne Stadt, die etwas Abwechslung zu den anderen Metropolen Kanadas liefert.

Un mois Montréal

Ein Monat Montréal. Der nächste Schritt und eine komplett neue Erfahrung auf meiner Reise. Eine neue Provinz, eine neue Stadt, eine neue Sprache.
Anfang April bin ich nach Montréal gekommen. Als chronologische Métropole stand sie auf meiner Liste. Meine Ziele und Pläne waren es hier, meine bisherige Zeit in Kanada sacken zu lassen, etwas zu arbeiten und mein Französisch aufzubessern. Das mit der Arbeit hat sich dann recht schnell erledigt, da es, trotz mehrere Angebote im Internet, quasi unmöglich war, rechtzeitig einen Job zu finden, sodass es sich schnell nicht mehr lohnte überhaupt anzufangen.


Ja, ich wollte hier mein Französisch aufbessern. Montréal liegt in Québec, der Provinz Kanadas, in der nicht Englisch sondern Französisch primäre Amtssprache ist. Mit der Ankunft hier, fühlte es sich also auch ein bisschen so an wieder in einem anderen Land zu sein. Den "Grenzübergang" hat man im Fernbus zwar gar nicht gemerkt aber nach einer gewissen Zeit ist mir dann aufgefallen, dass sich die Sprache auf den Schildern geändert hatte. In einer Großstadt wie sie Montréal nunmal ist (mit 1,6 Millionen Einwohnern, zweitgrößte Stadt Kanadas) sieht Praxis jedoch etwas anders aus als die Theorie. Tatsächlich sprechen mehr Menschen auf der Straße Englisch als man es erwartet. Hinzu kam für mich, dass ich mich über den gesamten Zeitraum hier immer wieder mit englischsprachigen Freunden aus den Blue Mountains getroffen habe. Diese Praxis bemerken natürlich auch die Menschen in Montréal, so kommt es dazu, dass man auch hier, wie in Ottawa, die bilingualen Züge Kanadas sehr zu spüren bekommt. Daraus folgt, dass man in Restaurants oder Geschäften üblicherweise mit "Bonjour, Hey" angesprochen wird, man bekommt quasi beide Sprachen angeboten. Man sollte dabei als rein englischsprachiger Mensch jedoch nicht den Fehler machen und aus Höflichkeit mit "bonjour" antworten, denn so wählt man Französisch und spricht man danach auf Englisch weiter, schauen dich die Verkäufer erst einmal verdutzt an.


Auch äußerlich fühlt sich Montréal ein bisschen wie ein anderes Land an. Anders als in der recht jungen Stadt Toronto, gibt es hier einen angenehmen Wechsel aus nordamerikanischem Downtown inklusive gläsernen Wolkenkratzern und Altstadt mit europäischen Hauch. Während Downtown und auch die Vororte so sind, wie die Städte hier nun mal sind und wie ich es bereits aus Toronto kenne, bietet die Altstadt eine nette Abwechslung. Alte Gebäude aus Stein, historische Kirchen, zum Beispiel die Basilika Notre Dame de Montréal, die in ihrer Bauweise an den Namensvetter aus Paris erinnert und es gibt sogar Straßen mit Kopfsteinpflaster. Direkt am Ufer gelegen, geht die Altstadt flüssig in den alten Hafen über. 


Im Hafen findet man dann auch eine Seltenheit: Eine Fußgängerzone. Denn hier gibt es selbst in der vollgepackten Innenstadt oder in der Engen Altstadt zumindest immer eine Fahrspur, wenn nicht gerade eine Baustelle das befahren dieser unmöglich macht, was in Montréal sehr gut der Fall sein kann. Aber auch sonst bietet der Hafen einiges. Neben den Hafenbecken inklusive Containerschiffen gibt es am Ufer auch einen Cirque du Soleil und einen Kletterpark mit Zipline über den Hafen. Am liebsten habe ich meine Zeit dort jedoch mit einem Spaziergang über die Promenade verbracht und dabei die Aussicht genossen. Die bietet unter Anderem einen Blick auf ein sehr bizarres Gebäude: das Habitat 67. Gebaut zur Expo 1967 sieht es aus als ob der Architekt mangels Kreativität einfach Bausteine wahllos übereinander gestapelt hat und das ganze dann als Modell für das tatsächlich Gebäude benutzt hat.

Eine schöne Sicht hat man auch vom namensgebenden Mont Royal. Gut 15 Minuten braucht man hinauf, wenn man den kürzesten Weg über unzählige Treppenstufen nimmt. Doch der Weg lohnt sich. Oben am Aussichtspunkt bietet sich ein einzigartiger Blick auf die gläsernen Fassaden im Downtown und man hat das Gefühl man kann erkennen wie sich die Wolkenkratzer ein Wettbewerb darüber liefern, welcher der größte ist.